Krankenkassen-Prämien 2023
Fragen Sie Ihre Haus- oder Kinderärztin!
Die Tüte ist geplatzt, noch ist nicht alle Luft draussen. Durchschnittlicher Prämienanstieg 8.7%, 2.1 Prozentpunkte mehr als bei der letzten Explosion, Börsenverluste der Kassen inklusive. Das Wehklagen ist laut, die Untergangsszenarien sind uns seit Jahren bekannt.
Interessant ist die zeitliche Nähe zu den eidgenössischen Wahlen und den damit verbundenen mehr oder weniger originellen oder abgestandenen Heilsversprechen der Parteien und Kandidierenden.
Das Prämienwachstum soll gebremst werden. Trotzdem soll das Angebot dem Fortschritt angepasst und die Qualität stetig verbessert werden. Immer mehr und immer besser zu günstigerem Preis. Wie die Quadratur des Kreises gelingen soll, steht nach wie vor in den Sternen. Versprochen wurde schon viel, jedes Jahr.
Ganz offenbar ist es nicht immer einfach, bei den Fakten zu bleiben, weshalb wir hier eine Auswahl schwarz auf weiss festhalten (admin.ch; Stadt Bern; santésuisse):
- Preisanstieg von durchschnittlich 27% (bis 80%): Strom 2023
- Preisanstieg von durchschnittlich 18% (bis maximal über 200%): Strom 2024
- Preisanstieg von plus 35%: Benzin, 2020 bis 2022
- Preisanstieg von 90%: Zucker, 2019 bis 2022
- Von den Kassen angedrohter Prämienschub 2023: 10%
- Tatsächlicher Prämienschub 2023: 6,6% (allgemeine Teuerung 2.8%)
- Von den Kassen angedrohter Prämienschub 2024: 10% (allgemeine Teuerung 1.7%)
- Bis jetzt festgestellter Kostenschub OKP 2023: 4.2% total
- Kostenwachstum Spital stationär, Spital ambulant, Medikamente je zirka 6%
- Kostenwachstum Praxisärzte: 0.2%
- Preisanstieg Kartoffeln seit 1996: 82%
- Preisanstieg Löhne seit 1996: 30%
- Aktuelle Forderung Gewerkschaften: Lohnanpassung 3.5 bis 4.5%
- Preisanstieg ärztlicher Tarif seit 1996: 0 (null)
Haus- und Kinderarztmedizin – das Rezept für eine gesunde Schweiz. Wir halten fest:
- Verbesserte diagnostische und therapeutische Möglichkeiten haben ihren Preis. Der immense Nutzen für Bevölkerung und Wirtschaft darf nicht ausser Acht gelassen werden.
- Die Bevölkerung fragt immer mehr Leistungen nach, sie wird älter und länger behandelt, die Patientenzahlen steigen in allen Sektoren. Das führt einerseits zu Kosten, andererseits zu Engpässen.
- Erhöhte Nachfrage bei knappem Angebot führt in der Regel zu höheren Preisen. Nicht so im Gesundheitsmarkt, wo Preissenkungen oder gar Rationierungsmassnahmen gefordert werden.
- Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungen im Gesundheitswesen müssen dem gesetzlichen Auftrag entsprechend überprüft werden, so wie das in anderen Bereichen, die von öffentlichen Geldern mitfinanziert werden, auch geschehen müsste. Effizienzsteigerungen sind – im Gegensatz zur Industrie – in der ärztlichen Praxis kaum möglich. Das Patientengespräch kann nicht beliebig verkürzt werden, auch nicht mit Künstlicher Intelligenz und elektronischem Patientendossier. Auch nicht mit willkürlichen Limitationen im Tarif.
- Die Preise für ärztliche Leistungen haben sich seit 1996 nicht verändert (mit Ausnahme des 2014 kostenneutral eingeführten Hausarztzuschlags). Null Preissteigerung in knapp 30 Jahren.
- Ein stetig wachsender Teil des Umsatzes in einer Arztpraxis entfällt auf Lohn- und Infrastrukturkosten. Als Folge davon sinkt das ärztliche Einkommen seit Jahren kontinuierlich. Gleichzeitig steigt der administrative Aufwand.
- santésuisse, H+ und der Bundesrat verhinderten bisher die Einführung eines sachgerechteren Tarifs. Aber auch mit dem künftigen Tarif «Tardoc» wird eine Anpassung an die Teuerung von Versicherern und Bundesrat verhindert und strikte abgelehnt (Kostenneutralität im Vergleich zu Preisen von 1996).
Noch unterscheidet sich das Schweizer Gesundheitswesen von anderen Ländern: Die Schweizer Bevölkerung hat jederzeit und uneingeschränkt Zugang zu allen zur Verfügung stehenden diagnostischen und therapeutischen Leistungen. An diesem Privileg will niemand rütteln. Über die Finanzierung kann man diskutieren.
Das Rezept für eine gesunde Schweiz – auch in Zukunft
Der wichtigste Pfeiler des Schweizer Gesundheitswesens sind die haus- und kinderärztlichen Grundversorgerpraxen. Sie lösen über 90% der Probleme selbständig, effizient und kostengünstig.
Um diese zweifellos gut funktionierende Dienstleistung zu erhalten und sogar noch zu verbessern, dürfen der Grundversorgung nicht ständig neue Auflagen, Aufgaben und Kontrollen aufgebürdet und schon gar keine Lohnkürzungen angedroht werden.
Unsere potenziellen Nachfolgerinnen und Nachfolger haben ein gutes Gespür dafür, wo und unter welchen Voraussetzungen sie arbeiten wollen. Vor allem die zukünftigen Haus- und Kinderärztinnen brauchen eine Perspektive.
Hoffentlich gelingt es dem neuen Parlament, diese aufzuzeigen.