Auf Eis gelegte Verhandlungen, aber im Alltag bereits umgesetzt
Qualität ist in den Hausarztpraxen längst etabliert
Die Verhandlungen zwischen Leistungserbringern und Versicherern für einen Vertrag über die Qualitätsentwicklung sind sistiert, weil der Bundesrat kurz vor dem Ziel die Spielregeln änderte. Für die meisten Haus- und Kinderarztpraxen spielt das keine Rolle, denn hier hat Qualitätsarbeit seit jeher einen hohen Stellenwert.
Am 1. April 2022 hätten die Verbände der Leistungserbringer und die Verbände der Versicherer dem Bundesrat einen Vertrag über die Qualitätsentwicklung einreichen müssen. So wollen es Qualitätsbestimmungen in den revidierten Artikel 58 KVG und Artikel 77 KVV. Daraus wurde nichts, weil der Bundesrat, einmal mehr, kurz vor dem Termin verlauten liess, dass seiner Meinung nach sämtliche Kosten für die Qualitätsentwicklung in den Tarifen bereits berücksichtigt und folglich abgegolten seien. Er änderte die Spielregeln, einmal mehr, und das zur Unzeit. Damit torpediert der Bundesrat nicht nur die Verständigung der Vertragspartner darauf, dass Qualitätsarbeit tarifarisch abzubilden und abzugelten sei. Darin waren sich alle einig. Und die Ärzteschaft wäre bereit gewesen, Vertrag und Konzept für die Qualitätsentwicklung im praxis-ambulanten Bereich waren genehmigt. Nein, der Bundesrat bremst auch die von ihm so sehr geforderten Qualitätsbemühungen. Nun liegen die Verhandlungen auf Eis.
Effizient dank guter Qualität
An der Arbeit in den Praxen ändert das freilich nichts, denn für gute Qualität und Qualitätsarbeit haben diese nicht erst auf Vorgaben von oben gewartet. Eine grosse Anzahl an Haus- und Kinderärztinnen untersuchen, behandeln und beraten täglich viele Patientinnen und Patienten in ihren Praxen – verlässlich, vertrauensvoll und effizient. Über 90% der Gesundheitsprobleme ihrer Patientinnen und Patienten behandeln sie ohne Überweisungen und mit weiterführenden Untersuchungen in den Praxen abschliessend. Das tun sie für zirka 4% der gesamten Gesundheitsausgaben und mit einer anerkanntermassen sehr hohen Behandlungsqualität.
Qualitätsinitiativen für die Patientinnen und Patienten
Die Haus- und Kinderärztinnen wenden vielerlei Massnahmen zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität zu Gunsten der Patientenversorgung in der Praxis an. Nebst regulatorischen Vorgaben zur persönlichen Fort- und Weiterbildung sowie der Instandhaltung der medizinisch-diagnostischen Gerätschaften bewähren sich in der Grundversorgung weitere Qualitätsinitiativen. Zu erwähnen sind die Qualitätszirkel, in welchen die Ärztinnen und Ärzte praxisrelevante Themen der Abklärungs- und Behandlungsqualität sowie komplexe Fälle besprechen. Sie reflektieren gemeinsam, ob eine Änderung des bisherigen Verhaltens angezeigt ist. Viele Haus- und Kinderarztpraxen haben längst ein Qualitätsmanagementsystem implementiert, in denen Elemente wie ein systematisches Optimierungs-, Fehler- und Reklamationsmanagement oder Richtlinien zur Arbeitssicherheit und Hygiene eine Selbstverständlichkeit sind. Immer häufiger werden in den Praxen auch fachliche Qualitätsaktivitäten gelebt. Im Sinne einer engen Auswahl seien hier die Initiativen «Smarter medicine/choosing wisely» der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin/ Kinder- und Jugendmedizin (mit Fokus auf die Indikationsqualität),die neu entwickelten ambulanten Qualitätsindikatoren (mit Fokus auf eine gute Behandlungsqualität) und das tägliche direkte Feedback der Patientinnen und Patienten erwähnt.
Im Eingangs erwähnten Konzept für die Qualitätsentwicklung im praxis-ambulanten Bereich wären die Spielregeln definiert, die es ermöglicht hätten, die eine oder andere dieser bewährten Qualitätsinitiativen flächendeckend und systematisch in der ganzen Haus- und Kinderärzteschaft auszurollen. mfe hätte sehr begrüsst, das zeitnah zu machen. Zugunsten unserer Patientinnen und Patienten und zugunsten der bewährten qualitativ hochstehenden Grundversorgung.