Vorsorgeuntersuchungen - eine Erfolgsgeschichte
Das verkannte Potenzial der Prävention in den Praxen
Im Kindesalter werden wichtige Weichen gestellt für eine gesunde Zukunft. Mit ihren Vorsorgeuntersuchungen und der engen Patientenbeziehung spielen Kinderärzte, aber auch Hausärzte eine wichtige Rolle. Trotzdem werden Bedeutung und Potenzial von Prävention im Gesundheitswesen noch immer viel zu sehr verkannt.
Schaden vermeiden und abwenden, Gefahrensituationen frühzeitig erkennen und handeln. Das ist Prävention auf den Punkt gebracht. So handeln Kinderärzte jeden Tag. Weil es vernünftig ist. Eigentlich. Obwohl für jede Person einleuchtend und sinnvoll, obwohl ihr Nutzen tausendfach nachgewiesen ist, fristet ebendiese Prävention im schweizerischen Gesundheitswesen ein Dasein am dunklen Rande, zwar effektiv und kostensparend, aber halt weit weniger spektakulär als die kurative Reparationsmedizin, auch weniger lukrativ, und deshalb in ihrer Bedeutung noch immer verkannt. Unverständlich, vor allem aus Sicht der stark in der Vorsorge engagierten Kinderärztinnen.
Die SUVA macht es vor
Dass Prävention funktioniert und sich mit ihr erst noch Geld sparen lässt, macht uns die SUVA täglich vor: In den letzten 50 Jahren konnten die Unfälle dank Prävention um die Hälfte reduziert werden. 90 % der Verunfallten schaffen heute den Wiedereinstieg in den Beruf, weil Prävention nicht nur Unfälle vermeidet, sondern stark dazu beiträgt, deren Folgen auch zu lindern. Für unsere Sozialwerke sind diese Präventionserfolge auch finanziell von grösster Bedeutung. Auch dank des vermehrten Engagements in der Prävention schafft es die SUVA, ihre Versicherungsprämien konstant zu halten.
In der Kindermedizin hat die Prävention oder Vorsorge ihren anerkannten Stellenwert. Die Vorsorgeuntersuchungen sind in der Krankenleistungsverordnung festgehalten und unbestritten, wenn auch nur im Vorschulalter von den Krankenkassen bezahlt. Bei den Vorsorgekonsultation geht es zunächst um die Beurteilung von Wachstum und Entwicklung und um die Kontrolle des Impfstatus, das Erfassen von Störungen und das Einleiten notwendiger Abklärungen und Therapien.
Vorsorge ist zum Nutzen aller
Die Aufgaben an die Kinderärztinnen sind aber sehr viel breiter gefasst und gehen weit über die Vorsorgetermine hinaus. Wir stehen den Kindern und Jugendlichen, ihren Eltern und dem ganzen familiären, schulischen und freundschaftlichen Umfeld zur Abwendung vermeidbarer Schwierigkeiten beratend zur Seite, auch den Lehrmeistern, Arbeitgeberinnen und Trainern. Im Rahmen dieser erweiterten Vorsorge geht es etwa um das Erkennen von ungesunden Gewohnheiten, zum Beispiel bezüglich Ernährungs- und Suchtverhalten, Medienkonsum oder mangelnder körperlicher Aktivität.
Beratungen zu solchen und anderen Themen können zwar mit Zusatzaufwand auch an zahlreichen anderen Orten eingefordert werden. Der Kinderarzt, die Kinderärztin, kennt jedoch die Kinder, Jugendlichen, Familien und das Umfeld, bietet bei jeder Gelegenheit Beratung an, weitgefächert, aus einer Hand, persönlich, abgestimmt auf die jeweiligen Bedürfnisse. Ungünstige Entwicklungen werden erkannt, Schaden kann abgewendet werden, Gesundheit wird über Jahrzehnte positiv beeinflusst werden. Das alles braucht Zeit, gut investierte Zeit. Einschränkungen und Limitationen etwa durch tarifarische Vorgaben behindern diese Arbeit stark – letztlich zum Schaden aller.
Die Weichen für eine lebenslange physische, psychische und soziale Gesundheit werden im Kindesalter gestellt. Gesunde und starke Kinder nehmen ihre Stärken und guten Gewohnheiten mit ins Erwachsenenalter. Fehlentwicklungen, man denke etwa an Übergewicht und die schwerwiegenden Folgen für den Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System, können verhindert oder mindestens früh erkannt und angegangen werden. Man stelle sich vor, dass Herz-Kreislauferkrankungen um die Hälfte reduziert werden können. Dank Prävention. Das Engagement der Kinderärztinnen zahlt sich ein Leben lang aus, für jede Person, für die Gesellschaft, für die Kostenträger.