Grundversorgung in der Schweiz: Es ist fünf nach zwölf
Jetzt merken es alle… oder doch nicht?
In den letzten Wochen werde ich immer wieder darauf angesprochen, was wir als Hausärztinnen und Kinderärztinnen gegen den Mangel an jungen Kolleginnen unternehmen. Schliesslich hätten wir ja 20 Jahre Erfahrung…
Ja, 2005 haben wir die erste Workforce-Studie in Auftrag gegeben, die schon sehr genau vorgezeichnet hat, wie die Situation sich entwickelt. Wir haben einen klaren Mangel vorhergesagt, etwas gedämpft wurde dieser durch engagierte Kollegen, die über das Pensionsalter hinaus noch arbeiten: Ein Fehler? Hätten wir unsere Patientinnen im Stich lassen sollen? Um den Druck zu erhöhen?
In der Zwischenzeit ist der Fachkräftemangel überall angekommen, die Pflege hat mit ihrer Initiative darauf reagiert, die anderen Gesundheitsberufe suchen verzweifelt junge Menschen, die einen sinnstiftenden Beruf ergreifen möchten. Gleichzeitig versuchen alle, die Leute im Beruf zu halten, mit Strukturen, die nicht den Bedürfnissen und nicht den aktuellen Situationen angepasst sind. Der Mangel an Personal wird dazu führen, dass längst fällige strukturelle Veränderungen vorgenommen werden müssen.
Es ist nicht so, dass es fünf vor zwölf wäre, wie Kantone, Versicherer und politische Exponentinnen sich verlauten lassen: Es ist fünf nach zwölf! Fragen nach geschlossenen Betten in allen Spitälern der Schweiz werden nur hinter vorgehaltener Hand gemurmelt, Wartezeiten bei verschiedensten Kliniken haben bald englische Ausmasse - und trotzdem bewegt sich nichts!
Wir sind als mfe angetreten, 2009, um die Grundversorgung zu stärken, ihr ein Gesicht zu geben, viel haben wir erreicht. Aber der nächste Schritt muss klar sein, und da nehmen wir Kantone und Versicherer in die Pflicht, die finanzielle Abgeltung zu verbessern. Sonst blutet die Haus- und Kinderärzteschaft aus. Es gibt jetzt schon Kolleginnen und Kollegen, die die Löhne ihrer Angestellten fast nicht mehr bezahlen können, und dadurch die Versorgung ihrer Patientinnen nicht mehr sicherstellen können. Die Spitäler fordern den Teuerungsausgleich des letzten Jahres: Wir haben seit 20 Jahren keinen Teuerungsausgleich erhalten!
Es wird Zeit, dass sich etwas bewegt. Wir können nicht länger zuwarten!